„…Sie können mir gar nix.“


In einer Wohngruppe mit Kindern und Jugendlichen wird nach der Schule Mittag gegessen. Dabei unterhalten sich die Kinder und der Betreuer und das Thema Schule wird angesprochen.


Wer?
Betreuer (B), Kinder: K1 (männlich), K2 (männlich), K3 (männlich)

Wo?
Kinder-& Jugendwohngruppe

Wann?
12.03.2020 um 15.22 Uhr

Situation:
Der Betreuer und 3 Kinder sitzen am Küchentisch. Es ist 15:22 Uhr und die Kinder, die wenige Minuten zuvor von der Schule zurückkehrten, nehmen ihr vorbereitetes Mittagessen ein. Der Betreuer beteiligt sich an den Tischgesprächen, isst jedoch nichts. K1 hat kurz zuvor sein Essen weggeräumt und kommt nun wieder an den Küchentisch. Während des Essens waren die Hausaufgaben ein Gesprächsthema, die die Kinder- & Jugendlichen zu dieser Woche zu erledigen haben, sowie anstehende Tests und Klassenarbeiten. Der Betreuer stellt wiederholt K1 Fragen zu seiner Deutschhausaufgabe, das Auswendiglernen einer Ballade.


B: „So, was ist jetzt mit der Ballade?“

K1: „Ja, 4 Strophen habe ich schon.“

B spricht unverständlich.

K1: „Krieg ich mein Handy?“

B: „Wie viel Strophen sind es denn?“

K1: „Na 16. Krieg ich jetzt mein Handy?“

B: „Na, wenn du die Ballade lernst, dann ja.“

K1: „Ja ne, dass dürfen sie nicht, dass weiß ich.“

B: „Ich darf was nicht?“

K2: „Das Handy, dass dürfen sie ihm nicht geben.“

K1: „Das Handy dürfen sie nicht, sag ich.“

B: „Na klar darf ich das, wenn du die Ballade nicht lernst. Ist ja schon morgen und seit wann hast du das auf? Seit 3 Wochen, also.“

K1: „Sie dürfen das trotzdem nicht sag ich. Meine Mutter hat das gesagt und ich hab ne Absprache mit Herr Q. Ich habe jetzt Handyzeit, also sie können mir gar nix.“

B: „Bitte was willst du? Du sollst die Ballade lernen und bevor du das nicht macht, gibt es kein Handy. Fertig aus.“

K1: „Ja ist mir scheiß egal, ist doch alles kacke hier! Ich brauch nur ne 4 kriegen und 4 ist die Hälfte also.“

B: „Also nix also, die Hälfte von 16 ist ja lange noch nicht 4, oder? Na, was ist denn die Hälfte von 16?“

K2: „8, die Hälfte von 16 ist 8.“

K1: „Halt dich da raus das geht dich gar nichts an, also halt dich mal schön aus meinen Angelegenheiten raus.“

B: „Jetzt ist aber gut.“

K1: „Ne, ich will jetzt mein Handy.“

B: „Ja wenn du die Ballade gelernt hast. Du weißt, heute um 19:00 Uhr trägst du mir das vor und dann gibt‘s auch das Handy.“

K1: „Na ich muss nur bestehen also mach ich 4 Strop— ne 8 Strophen und das reicht mir.“

B: „Na dann fang doch mal an, anstatt hier nur rumzudiskutieren und bei 8 Strophen muss dann aber auch alles andere stimmen, sprich Betonung und so.“

K1: „Ne muss nicht, nicht unbedingt … ich hab ja Nachteilsausgleich und da krieg ich auch so eine 4.“

K3: „Als ob.“

K2: „Ja, als ob.“

K1: „Ist so.“

K3: „Niemals.“

B: „Na musst du ja wissen, aber wenn du erst 4 hast, dann fehlen dir ja wohl noch 4 oder nicht?“

K1 verlässt den Raum und knallt dabei die Tür.

B wendet sich wieder den anderen Kindern zu. Diese kommentieren zunächst das Türknallen.

Autorschaft
anonym (Falleinreichung durch Zentrum für Lehrer*Innenbildung, MLU) |
Erhebungskontext
Erhebungsmethode
Notizen

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