Interpretation zu Vorträge halten,

Konversationsanalystische Interpretation zum Fall „Vorträge Halten“


Autor*in
Jun.-Prof. Maxi Kupetz |
Autor*in
Elena Becker |
Auswertungsmethode/n


Die Daten

Es handelt sich um ein Fokusgruppengespräch über schulische Erfahrungen in Deutschland und im Heimatland, das die Gesprächsleiterin (GES) mit zwei aus Syrien geflüchteten jungen Erwachsenen (Sirvan  und Mahmoud) geführt hat. Sirvan (SIR) ist Kurdin und gemeinsam mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen, Mahmoud (MAH) ist allein aus Damaskus geflohen. Beide haben in ihrer Heimat die 11. Klasse abgeschlossen und besuchen zum Zeitpunkt der Aufnahme die 10. Klasse eines Gymnasiums in Sachsen-Anhalt. Das Gespräch wurde im Sprachförderraum der Schule per Video aufgezeichnet. Zum Schutz der Beteiligten wird an dieser Stelle ausschließlich eine Audiodatei veröffentlicht.

Der Ausschnitt

Dem Ausschnitt geht eine Bewertung des Schulsystems in Deutschland voraus; dieser folgt eine Beschreibung des Schulsystems im Heimatland. Die Jugendlichen beschreiben Probleme bei der Anerkennung ihrer syrischen Abschlüsse in Deutschland und bewerten die bürokratischen Entscheidungen in Deutschland in diesem Zusammenhang negativ. Zu Beginn des Gesprächsausschnitts benennt Sirvan von sich aus einen weiteren Unterschied, der ihr im Unterricht in Deutschland, im Gegensatz zu dem Syrien, aufgefallen ist.

Das Transkript

Die Transkription ist ein Basistranskript nach den Konventionen des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems (GAT 2). (Selting, Margret; Peter Auer; Dagmar Barth-Weingarten, et al. (2009): Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem 2 (GAT 2). In: Gesprächsforschung – Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 10, 353-402. (http://www.gespraechsforschung-online.de/fileadmin/dateien/heft2009/px-gat2.pdf).

 

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{00:00}
01
SIR  
es gibt auch ein er vorTRÄge?
02
GES
JA[:,]
03
SIR
  [ v]orträ_JA;=
04
=Ä:HM;
05
((klick)) (.)[     es gibte nich]t eʔ-
06
MAH
             [ja in DEUTSCHland;]
07
SIR
[JA;=in DEUTSCH_((lacht))-]
08
MAH
[         in syrien das gi]bt_s NICH[T;]
09
GES
                                    [oK][AY;    ]
10
SIR
                                        [gibt es] GAR 
nicht;
11
°hh glaub ich das ist sehr wichtig für schüler hier in

D[EUTSCHland;]
12
GES
 [        m_H][M,   ]
{00:11}
13
SIR
              [°h da]s ä:hm ((klick)) °h also_ʔ:_glaub 
ich die vorträge (.) (klick)) ʔkann ihre 
ä:hm sprachlich kenntnisse aus verBESsern,=
14
[=und_eh]
15
GES
[ m_HM, ]
16
SIR
°h oder selbstbeWUSST [zu sei]n,
17
GES
                      [m_HM, ]
18
SIR
°hh (.) JA;
19
das ist für mich sehr WICHtig;
20
ich <<lachend> i[ch ][ h]abe das geF[     Ü     H     ]L>
21
GES
                [m_H][M,]
22
GES
                                    [und wird_s wieder]
23
GES
geNAU;
{00:27}
24
und_ʔ__<<stotternd> w_wa>rum glaubt ihr MACHT man das;
25
(0.5)
26
MAH
die VORträge;
27
SIR
d[ie VORträ]ge;
28
GES
 [  m_HM,  ]
29
MAH
ich glaube_ʔ: das ist so wichtig für sie kunft zuKUNFT;
30
GES
m_HM,
31
MAH
wenn: man (.) nicht °h wirklich kann (.) selbstbewusst
[SEIN;]
32
GES
[  m_H]M,
33
m_HM:-
34
MAH
das HELFT ein bissche[n. ]
35
GES
                     [m_H]M,
36
m_H[M,   ]
37
MAH
   [und s]päter wenn e:r (.) in eine FIRma arbeitet;
38
und er will was ZEIgen;
39
e[r muss nich]t vor eh eh aufgeREGT;
40
GES
 [   (mhm)   ]
41
MAH
(0.63)
42
MAH
was er g[eMACH]T;
43
GES
        [ JA; ]
{00:53}
44
MAH
und das hi:lft ECHT;=
45
=weil ERste mal war ich auch (.) war ich so:;
46
ZWEIte ma:l;=
47
=DRIT[te mal;=]
48
GES
     [      mh][m   ]
49
MAH
               [=abe]r danach war ich es ein

b[isschen EINfac]her;
50
GES
 [    m_HM,     ]
51
GES
m_HM,
52
MAH
und JA:;=
53
=find ich das sehr GUT in d[eutschland.]
54
GES
                           [   m_HM,   ]
55
MAH
[(als/das) mache]n VORträge.
56
GES
[    SCHÖN;     ]
57
SIR
JA:;
{01:05}
58
und man kann auch informi informiert über ein THEma,
59
ein besonderes THEm[a?]
60
GES
                   [ m]_H[M,]
61
SIR
                         [°h]h und;=ich ka alSO;=
62
=für mich perSÖNlich?
63
GES
m_H[M,]
64
SIR
   [es] hilft mir miʔ_(wie) zum beispiel mit mein VAter;
65
also;=selbst °hh ä:h miʔ::_selbstbewusst zu

diskuTI[ERen;=]
66
GES
       [     J][A;  ]
67
SIR
               [=und] JA;=
68
[=(also)] es HILFT mir;=VIEL; °hh
69
GES
[  JA:; ]
70
GES
JA,
71
MAH
(und es) [ und  ] [kann man so 
überall inf]ormation SAM[meln;]
72
GES
         [SCHÖN;]                                [m_HM,]
73
SIR
                  [   (xxx xxx xxx xxx)   ]
74
(0.8)
{01:28}
75
MAH
ja und (1.1) kann mehr lernen als 
was wir n UNTERricht bekommen;
76
alSO;=ba bei vo bei vortrag wenn 
ich sammel die information selBER,=
77
=dann das bleibt in meim KOPF;=
78a
was[: was ich] was [ich ] 
g[eʔ:_genommen ha]be [und inter]net
79
SIR
   [   JA;   ]
78b
GES
                   [(ja)]  [     m_hm      ]   [   JA;   ]
80
oder was s_ich geguckt [im VIde]o;
81
GES
                       [ja JA; ]
82
MAH
°h [dann] (.) das BLEIBT;
83
GES
   [mhm ]
{01:47}
84
MAH
[MEHR] als was ich im: im im buch lesen;=
85
GES
[mhm ]
86
MAH
=und [DIEse;]
87
GES
     [ja geN]AU;
88
[JA;]
89
MAH
[JA;]
90
GES
SCHÖN;
91
GUT;
92
m_HM;
93
(0.5)
94
MAH
JA;
{01:54}
95
GES
SUper;

 

Interpretation: Konversationsanalytische Sequenzanlyse (Deppermann 2008) unter Berücksichtigung von Positionierungsverfahren (Lucius-Hoene/Deppermann 2004)

Bei dem Fall handelt es sich um einen Auszug aus einem Gruppengespräch mit geflüchteten jungen Erwachsenen (Sirvan und Mahmoud) zu ihren Schul- und Lernerfahrungen im Herkunftsland und in Deutschland. Die Interaktionssituation wurde, der analytischen Mentalität der Konversationsanalyse folgend, durch Videoaufzeichnungen und Transkripte der detaillierten Sequenzanalyse zugänglich gemacht (Deppermann 2008).[1]

Im Folgenden wird der Ausschnitt chronologisch im Hinblick auf die maßgeblich von Sirvan und Mahmoud ausgehandelte Themenplatzierung und -entfaltung analysiert. Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich um eine institutionelle Gesprächssituation handelt; die Teilnehmenden stellen das Gespräch fortwährend miteinander und füreinander, aber auch ‚für die Kamera’ her (Deppermann 2013).

 

Themensetzung (Segmente 01-13)

Der Ausschnitt beginnt mit einer Themensetzung durch Sirvan: Sie benennt Vorträge im deutschen Schulunterricht als einen Unterschied zum Unterricht in Syrien: „es gibt auch ein er vorTRÄge?“. Hierbei ist erwähnenswert, dass das Thema im Anschluss an eine Beschreibung von Problemen bei der Anerkennung syrischer Abschlüsse in Deutschland und einer damit einhergehenden negativen Bewertung der bürokratischen Entscheidungen in Deutschland durch die Jugendlichen von der Schülerin selbst platziert wird, ohne Zutun der Gesprächsleiterin. Durch seine fremdinitiierten Fremdreparatur („ja in DEUTSCHland;“) spezifiziert Mahmoud, dass Sirvans Äußerung sich darauf bezieht, dass es in Deutschland Vorträge gibt, in Syrien aber nicht bzw. seltener. Anschließend an diese thematische Platzierung entwickeln Mahmoud und Sirvan kollaborativ Argumente, die für die Ausarbeitung und Durchführung von Vorträgen im Schulunterricht sprechen (im Folgenden gezeigt).

 

Verbesserung der Sprachkenntnissen und Steigerung des Selbstbewusstseins (Segmente 13-20)

Unmittelbar im Anschluss an die durch Sirvan eigenständig platzierte Themeneinleitung produziert sie: „°h also_ʔ:_glaub ich die vorträge (.) (klick)) ʔkann ihre ä:hm sprachlich kenntnisse aus verBESsern,=“ (Segment 13). Sirvan benennt einen positiven Effekt von Vorträgen, nämlich die mögliche Verbesserung sprachlicher Kenntnisse. Dieser Aspekt ist für sie selbst offensichtlich von besonderer Relevanz, was durch die Nennung als erster positiver Aspekt unmittelbar nach der Themeneinleitung deutlich wird.

In Segment 16 wird durch die Äußerung „°h oder selbstbeWUSST zu sein“, eine zweite Kompetenz (nämlich die Steigerung des Selbstbewusstseins) benannt, die durch die Vorbereitung und Präsentation von Vorträgen im Schulunterricht gefördert werden kann. Es folgt eine Bewertung: „das ist für mich sehr WICHtig;“ (Segment 19). Durch das rückverweisende ‚das’ wird eine enge Bindung an die Vorgängeräußerungen hergestellt; ob sich die Bewertung auf das Sprachenlernen oder auf das Selbstbewusstsein bezieht, bleibt ambig. Die positive Evaluation (‚sehr wichtig‘) sowie die Betonung der persönlichen Bedeutung für die Teilnehmerin (‚für mich‘) tragen zur  Selbstpositionierung der Teilnehmerin im Gespräch bei; an dieser Stelle wird ein Sequenzabschluss nahe gelegt.

Dies führt zu einer Rederechtübernahme der Gesprächsleiterin in den Segmenten 23 und 24: „geNAU; und_ʔ__<<stotternd> w_wa>rum glaubt ihr MACHT man das;“. Damit nimmt sie Bezug auf das von Sirvan etablierte Thema und setzt eine weitere Elaboration möglicher Gründe, die für die Ausarbeitung und Durchführung von Vorträgen im deutschen Schulunterricht sprechen, interaktional relevant. Sirvan und Mahmoud nehmen diese Frage auf, indem sie Vorteile des Vortraghaltens benennen und diese sogar begründen:

 

Vorteile im späteren Arbeitsleben (Segmente 29-56)

Der Frage der Gesprächsleiterin folgt eine kurze Einschubsequenz, die der Verständnissicherung dient (Segmente 26-28). Anschließend übernimmt Mahmoud das Rederecht, indem er eine sequenzeinleitende Äußerung produziert: „ich glaube_ʔ: das ist so wichtig für sie kunft zuKUNFT;“. Während bei Sirvans vorherigen Gesprächsbeiträgen zur Relevanz von Vorträgen im deutschen Schulunterricht Vorteile für den unmittelbaren persönlichen Lebenskontext der Schüler*innen (Verbesserung der Sprachkenntnisse und Steigerung des Selbstbewusstseins) im Fokus stehen (Segmente 13 bis 20), verschiebt Mahmoud mit seiner Äußerung den Fokus auf die außerschulische Lebenswelt. Er greift in den Segmenten 31 und 34 den zuvor von Sirvan aufgeführten Aspekt der Steigerung des Selbstbewusstseins durch Vorträge auf („wenn: man (.) nicht °h wirklich kann (.) selbstbewusst SEIN; das HELFT ein bisschen.“) und stellt in seiner Folgeäußerung ergänzend einen Bezug zum Berufsleben, das für ihn noch in der Zukunft liegt, her: „und später wenn e:r (.) in eine FIRma arbeitet; und er will was ZEIgen; er muss nicht vor eh eh aufgeREGT; was er geMACHT;“ (Segmente 37 bis 42). Mahmouds Annahme über die emotionale Involviertheit von Vortragenden wird dadurch ‚belegt’, dass er von seinen eigenen Erfahrungen berichtet und ausführt, dass er bei seinen ersten Vorträgen aufgeregt war („und das hi:lft ECHT;=weil ERste mal war ich auch (.) war ich so:; ZWEIte ma:l;=DRITte mal;“), diese Aufregung schließlich jedoch nachgelassen hat („aber danach war ich es ein bisschen EINfacher;“) (Segmente 44 bis 49). Die Sequenz wird durch eine positive Evaluation als abgeschlossen behandelt: „und JA:;= find ich das sehr GUT in deutschland. (als/das) machen VORträge.“ (Segmente 52 bis 55). Ein Sequenzabschluss wird dabei sowohl durch eine ebenfalls positive Bewertung der Gesprächsleiterin („SCHÖN;“) in Segment 56 als auch durch eine anschließende Rederechtübernahme Sirvans (ab Segment 57) gemeinsam hergestellt.

 

Sammeln von Informationen und Selbstbewusstsein in Diskussionen (Segmente 57-70)

Ab Segment 57 übernimmt Sirvan das Rederecht und produziert die Äußerung „und man kann auch informi informiert über ein THEma, ein besonderes THEma?“ (Segmente 58 und 59). Damit führt Sirvan einen weiteren Aspekt an, der für sie im Zusammenhang mit Vorträgen relevant zu sein scheint – nämlich Informationen zu einem bestimmten Thema selbst zu sammeln. Sie nimmt damit sowohl Bezug auf die Frage der Gesprächsleiterin (Segment 24) als auch auf die zuvor von Mahmoud produzierte Sequenz (Segmente 29 bis 56), was besonders durch das weiterführende ‚und‘ deutlich wird und die Äußerung als Ergänzung rahmt.

Wie bereits zuvor beginnt Sirvans Äußerung mit einem weiterführenden ‚und‘, wodurch eine Ergänzung nahe gelegt und die Äußerung als Teil einer Auflistung erkennbar gemacht wird. Der Fokus wird nun jedoch von ‚man’ zu ‚ich’ verschoben: „°hh und;=ich ka alSO;=für mich perSÖNlich?“ (Segmente 61 und 62). In der Folgeäußerung „es hilft mir miʔ_(wie) zum beispiel mit mein VAter; also;=selbst °hh ä:h miʔ::_selbstbewusst zu diskuTIERen;“(Segmente 64 und 65) stellt Sirvan wieder einen Bezug zu ihrer unmittelbaren persönlichen Lebenswelt her und nennt erneut die Kompetenzen Selbstbewusstsein und Diskussionsfähigkeit, die durch die Ausarbeitung und Durchführung von Vorträgen im Schulunterricht gefördert werden (vgl. Segmente 13 bis 20). Diesmal bezieht sich die Schülerin dabei jedoch nicht auf die schulische, sondern auf die familiäre Lebenswelt. Die Sequenz wird in den Segmenten 67 und 68 durch eine Selbsteinschätzung und positive Evaluation abgeschlossen („und JA;=(also)] es HILFT mir;=VIEL; °hh“). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Sirvan eine Art ‚empanzipatorische Entwicklung’ im Diskussionverhalten mit ihrem Vater beschreibt, das sie auf persönliche Informiertheit und die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung zurückführt.

 

Gesteigerter Erkenntniszuwachs durch eigenständige Recherchen (Segmente 71-90)

In Segment 71 unternimmt Mahmoud den Versuch, das Rederecht zu übernehmen und produziert überlappend mit Sirvan und der Gesprächleiterin die Äußerung „(und es) und kann man so überall information SAMmeln;“. Wie bereits bei Sirvans vorherigen Themeneinleitungen (Segmente 57 und 61) beginnt die Äußerung mit einem weiterführenden ‚und‘, das die Sequenz als Ergänzung rahmt, einen Bezug zu vorher Gesagtem herstellt und die Äußerung damit als Teil einer Auflistung erkennbar macht. Inhaltlich greift Mahmoud mit der Äußerung einen zuvor bereits von Sirvan genannten Aspekt in Bezug auf die Vorteile von Vorträgen im Schulunterricht auf, nämlich das Sammeln von Informationen in Vorbereitung auf einen Vortrag. Das Rederecht wird ihm überlassen (Segmente 75ff); sodass er (erneut mit weiterführendem ‚und‘ eingeleitet) weiter ausführen kann: „ja und (1.1) kann mehr lernen als was wir n UNTERricht bekommen;“. Hier expliziert Mahmoud den gesteigerten Erkenntnisgewinn durch das Vorbereiten und Durchführen von Vorträgen im Gegensatz zu regulärem Unterricht. Seine Annahme veranschaulicht er durch die Ausführung von Details: selbst zusammengetragene Informationen aus verschiedenen Quellen kann er sich besser merken als Informationen, die er in Büchern liest (Segmenten 76 bis 86). Mahmoud positioniert sich hier also als jemand, der verschiedene Formen der Wissensaneignung kennt und das eigenständige Sammeln von Informationen für sich als besonders gewinnbringend einschätzt, was durch die durch die zustimmenden Äußerungen der Gesprächsleiterin „ja geNAU; JA;“ aufgenommen und bewertet wird (Segment 87 und 88). Gemeinsam bringen beide dieses Thema durch die Äußerung von zustimmenden und positiv evaluierenden Partikeln zum Abschluss (Segmente 88 bis 95).

 

Eine Sequenzanalyse, die die Positionierungsverfahren von Teilnehmenden berücksichtigt, macht den systematischen Zusammenhang zwischen der sequenziellen Organisation des Gesprächs und der thematischen Entfaltung deutlich. Durch die abwechselnde Rederechtübernahme und durch die häufige Verwendung rückverweisender und weiterführender Gesprächspartikeln wird das Gespräch organisiert; Sirvan und Mahmoud entwickeln kollaborativ verschiedene Aspekte des Haltens von Vorträgen in deutschen Schulen: Das Ausarbeiten und Durchführen von Vorträgen findet im syrischen Schulunterricht wenig Anwendung; für aus Syrien nach Deutschland geflüchtete Schüler*innen stellt es somit eine neue Erfahrung dar, die sich als erwähnens- und kommentierenswert erweist. Dabei entwickeln Sirvan und Mahmoud eine Reihe befürwortender Argumente: die Verbesserung von Sprachkenntnissen, eine Steigerung des Selbstbewusstseins und der Diskussionsfähigkeit sowie ein gesteigerter Erkenntniszuwachs durch eigenständige Recherchen. Sie identifizieren unmittelbare und zukünftige Arbeits- und Lebensbereiche, in denen die von ihnen angeführten Kompetenzen von Vorteil sind und bewerten Vorträge als Teil des deutschen Schulunterrichts als positiv.

 

 

Literatur

Deppermann, Arnulf (2008): Gespräche analysieren: eine Einführung. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Deppermann, Arnulf (2013): Interview als Text vs. Interview als Interaktion. In: FQS Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research 14(3), Art. 13.

Lucius-Hoene, Gabriele; Arnulf Deppermann (2004): Narrative Identität und Positionierung. In: Gesprächsforschung ­– Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion 5, 166-183.

 

 

Quellenangabe für diesen Text

Becker, Elena; Maxi Kupetz (2019): Der Fall „Vorträge halten“. In: Fallportal KALEI – Kasusistische Lehrerbildung für den inklusiven Unterricht. https://fallportal.zlb.uni-halle.de/interpretation/konversationsanalystische-interpretation-zum-fall-vortraege-halten/

 

 

[1] Die Analyse erfolgte auf Grundlage der Videoaufzeichnungen und Transkripte. Zum Schutz der Gesprächspartner*innen ist das zur Verfügung gestellte Datenmaterial im vorliegenden Portal auf die Audiospur des videografierten Falles beschränkt. Alle Teilnehmer*innen haben ihr Einverständnis für die Verwendung im Fallportal erklärt.