Interpretation zu

Die Problematik von Migration und Bindung im Kontext der Heimerziehung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen


Autor*in
Sebastian Kirchner |
Auswertungsmethode/n


1. Einleitung

Das psychosoziale Konzept der zwischenmenschlichen Bindung stellt gerade in der Heimerziehung einen schwierigen Gegenstand dar. Besonders bei Kindern und Jugendlichen, die einem Milieu entstammen, indem sie vernachlässigt oder misshandelt wurden, stellt sich nur sehr schwer der Aufbau einer Bindung zu anderen Personen, im Speziellen zu den Heimerziehem und Betreuern, ein. Diese Problematik wird noch einmal intensiviert, wenn es sich bei den betreuten Kindern und Jugendlichen um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge handelt‚ deren Aufbau von Bindungen noch einmal aufgrund von traumatischen Erfahrungen im Herkunftsland oder während ihrer Flucht und nicht zuletzt durch völlig neue und auch fremde Lebensumstände im Aufnahmeland erschwert werden. Die Jugendlichen stehen im Zwiespalt zwischen dem mühevollen Aufbau und Eingehen neuer Bindungen und dem in ihnen angelegten „heimlichen“ Wunsch nach Nähe und Zuneigung. In meinem zweiwöchigen außerunnterrichtlichen pädagogischen Praktikum, das ich in einer Kinder‐ und Jugendwohngruppe‚ die sich der Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen angenommen hat, absolvierte, offenbarte sich in meiner Arbeit mit einem Jugendlichen die oben angesprochene Bindungsproblematik. Daher möchte ich diese Fallarbeit der intensiven Auseinandersetzung mit dem benannten Problem widmen, um eigene Erkenntnisse aus dem noch neuen und wenig erforschten pädagogischen Feld, dass sich mit Migration und Bindung im Bereich der Heimerziehungbeschäftigt, zu generieren.

2. Personelle und räumliche Struktur der Einrichtung

Die Kinder- und Jugendwohngruppe „8M Horizont“ befindet sich auf einem ehemaligen Kasernengelände am Ortsausgang von Halle im Stadtteil Trotha. Auf dem weitläufigen Areal befindet sich ebenfalls ein Reiterhof, auf dem sich die Jugendlichen in ihrer Freizeit auch engagieren können. Das Gebäude ist ein eingeschossiges langes
Wohnhaus, in dem man von einem großen Flur aus sieben Zimmer ‐ die jeweils von zwei Jugendlichen bewohnt werden ein Büro, ein Lagerraum, sanitäre Einrichtungen‚ eine Küche, ein großes Esszimmer und ein großes Wohnzimmer erreicht. Zu dem Gebäude gehört außerdem ein Fußballplatz, ein Volleyballfeld und ein Garten. Die
Wohnräume und auch das Gelände sind hell und freundlich eingerichtet und bieten den Jugendlichen verschiedene Betätigungs‐, aber auch Rückzugsmöglichkeiten. Die Betreuerinnen und Betreuer setzen sich aus fünf pädagogischen Mitarbeiterinnen und zwei Mitarbeitern zusammen und werden von einer Hauswirtschafterin unterstützt. Des Weiteren besuchen Dolmetscher in regelmäßigen Abständen die Einrichtung um den Jugendlichen einen Bezug zu ihrem Herkunftsland zu ermöglichen, aber auch um Formalitäten zu besprechen. Während meines Praktikums waren zwölf männliche, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Einrichtung untergebracht und befanden sich in einem Alter zwischen 16 und 18 Jahren. Vier Jugendliche kamen aus Somalia und acht Jugendliche aus Afghanistan. Ein Großteil von ihnen wurde erst 2016 in Deutschland in Obhut genommen.

3 Fall ‚Muhamad‘

3.1 Vorbemerkungen

Bei dem meiner Auseinandersetzung zugrundeliegenden Jugendlichen handelt es sich um einen sechszehnjährigen Flüchtling aus Afghanistan, der seit ungefähr zehn Monaten in Deutschland lebt und davon acht Monate in der Einrichtung, in der ich mein Praktikum absolvierte, untergebracht ist. Diesem Jugendlichen wurde bereits im Verlauf meines Praktikums und auch bei der späteren Auswertung der von mir angefertigten Protokolle besonderes Interesse zuteil, da dieser ständig das Gespräch mit mir suchte, seine Lebensgeschichte mit mir teilte und in verschiedenen Situationen präsent war. In diesem Kontext offenbarte sich mir die Problematik, die in der neueren Poischung unter den Themenfeldern „Migration und Bindung“ sowie „Bindungstheorie im Arbeitsfeld der Heimerziehung“ diskutiert wird. Zum Vorverständnis ist es dabei wichtig zu erwähnen, dass sich die Bindungsschwierigkeiten der Jugendlichen aus dem defizitären Verhältnis zu ihrer eigenen Herkunflsfamilie ergeben. Hierbei meint ‚defizitär‘ nicht primär eine von der Familie beabsichtigte Vernachlässigung der Jugendlichen, vielmehr finden sich die jungen Flücht1inge in einem breit gefächeflen Spannungverhältnis
wieder, in dem ihre zum einen geografisch abwesende Familie ‐ die aber dennoch im Handeln der Jugendlichen präsent ist und dieses auch über moderne Kommunikationsmittel, z.B. Skype, Facebook, etc., beeinflussen kann ‐ fehlt, zum anderen aber auch überhaupt kein Kontakt mehr bestehen kann, da die Jugendlichen nichts über den Verbleib ihrer Familien wissen, respektive genau wissen, dass diese die Konflikte im Heimatland oder während ihrer Flucht nicht überlebt haben. Dem stehen neue familiäre Strukturen und Bindungsangebote seitens der Heimerzieher gegenüber, denen sich die Jugendlichen aufgrund der zuvor erläuterten Problematik nur schwer öffnen können.

3.2 Formulierung der Hypothesen

Hypothese 1: Vor dem Aufbau neuer Beziehungen steht die Verarbeitung des Traumas. Den Flücht1ingen fällt es schwer, neue Bindungen einzugehen, da sie sich mit der Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse in ihrer Heimat und während der Flucht alleingelassen fühlen. Es ist wichtig, dass die Betreuer und Vormünder bestrebt sind, die Aufarbeitung der traumatischen Erfahrungen voranzutreiben und eine Vertrauensbasis aufbauen, in der sich die Jugendichen öffnen können.

Hypothese 2: Die jugendlichen Flüchtlinge befinden sich im Zwiespalt: Zum einen befinden sie sich in einer Situation, in denen es ihnen verhältnismäßig gut geht, das heißt, dass sie Unterkunft und Verpflegung, ein gewisses Maß an Sicherheit und, obgleich minimal, Zukunftschancen auf ein besseres Leben haben. Andererseits haben sie ein schlechtes Gewissen gegenüber der Familie und ihren Freunden im Heimatland, denen jegliche Lebensgrundlage genommen wurde. Man muss den Jugendlichen aufzeigen‚ dass diese Schuldgefühle unbegründet sind.

Hypothese3: Regelmäßigkeit, die durch einen strukturierten Tagesablauf und das Einsetzen von Bezugsbetreuern vermittelt werden kann, hilft den Jugendlichen dabei‚ eine psychische Stabilisierung zu erreichen und Bindungen aufzubauen.

3.3 Diskussion des Falls

Bei dem der Auseinandersetzung zugrundeliegenden Protokoll handelt es sich um ein Gedächtnisprotokoll, das kurz nach dem Geschehen angefertigt wurde. Als Analyseverfahren des hier im Folgenden vorgestellten Einzelfalles wird die sequentielle Methode angewandt.
Sequenz 1‐ Zeile 1 bis 8:
In der ersten Sequenz werden kurz die Rahmenbedingungen umrissen. Hierbei tritt auch der unbegleitete minderjährige Flüchtling (umF) Muhamad, auf den sich das Faliportrait bezieht, in das Geschehen ein. Er ergreift die initiative, den Protokollanten um Hilfe zu bitten, da er verschiedene Arzttermine wahrnehmen muss (Vgl. Z. 2). Der Protokollant merkt weiter an, dass sich dieses Verhalten Muhamads bereits an den vergangenen Tagen des Praktikums gezeigt hat (Vgl. Z. 3 f.). Dieses aktive Handeln und Suchen nach neuen Beziehungskonstellationen ist bei umFs ein normaler Prozess, um die massiven psychischen Beeinträchtigmgen aufgrund von Trennung und Verlust primärer Bezugspersonen zu verarbeiten. Dennoch vollzieht sich dieser Prozess in einem problematischen Spannungsfeld: „Neue Reize […] werden auf der Grundlage der verinnerlichten Trennungs- und Verluslerfahrungen eher als Bedrohung wahrgenommen […], weil vertrauensvolle Bindungen als beängstigend erlebt werden können“. Dies resultiert zum einen aus der Angst vor erneuten Beziehungsabbrüchen, zum anderen aus der noch nicht bzw. nicht ausreichend verabeiteten Trennung von primären Bezugspersonen. Demzufolge stellt die Bindungstheorie, die den Jugendlichen eigentlich eine sichere Basis zur eigenen Entwicklung sichern soll, ein höchst ambivalentes Bearbeitungsfeld dar.
Sequenz 2 ‐ Zeile 9 bis 13:
In dieser Sequenz wird deutlich, wie wichtig es für die Jugendlichen ist, auch Phasen mit Betreuern zu erleben, in denen sie eine 1:1‐Betreuung erfahren. Dies ist besonders Wichtig‚ um eine vertrauensvolle Basis zu schaffen, die für die Entstehung eines fruchtbaren pädagogischen Arbeitsbündnisses, in denen die Jugendlichen auch die Verarbeitung ihrer Traumata vorantreiben können, elementar ist. Gegenseitiges Interesse und eine angenehme Gesprächsatmosphäre (vgl. Z. 9‐12) begünstigen dabei den Austausch über Erlebtes. In diesem Kontext ist auch auf die Feinfühligkeit von Bindungspersonen gegenüber den Signalen des Jugendlichen zu verweisen. Feinfühliges Verhalten, das „ein zentrales Konzept [in solchen Situationen ist,] beinha1tet, a) die Signale des Kindes wahrzunehmen, b) sie richtig zu interpretieren und c) prompt und d) angemessen darauf zu reagieren.“ Der Protokollant nutzte die Gesprächsatmosphäre, um den Jugendlichen genauer über die Gründe seiner Flucht zu befragen. Hätte er die Situation und die Signale Muhamads falsch interpretiert, hätte er den Fortgang des weiteren Gesprächs gefährdet ‐ was sich allerdings im Folgenden nicht bestätigt. Die korrekte Einordnung der Signale, wie z.B. persönliche Nachfragen und gemeinsames Scherzen (vgl. Z. 12), war demnach ein entscheidender Faktor des Aufbaus einer vertauten, zwischenmenschlichen Beziehung, in der ein Austausch über die Erlebnisse des Jugendlichen im Folgenden begünstigt wurde.
Sequenz 3 „ Zeile 13 bis 38:
Diese Sequenz zeigt das breite Spektrum an Traumata, „als psychosoziale Reaktion auf eine von außen einwirkende außergewöhnliche Verletzung der Psyche“, die die umFS zu verarbeiten haben. Tod in Verbindung mit Trauer als Trauma präsentiert sich im Gedächtnis des Jugendlichen an drei Stellen seiner Erzählung. Als erstes verknüpft Muhamad den Tod mit der Diskriminierung und Tötung der Ethnie der ,Hazara‘ in Afghanistan (Vgl. Muhamads Aussage Z. 15), der auch er angehört. Dies offenbart zusätzlich einen Identitätskonflikt in der Psyche des Jugendlichen. Das zweite und dritte Erlebnis bezieht sich auf Muhamads Vater, der von den Taliban getötet wurde, und seine zwei Schwestern, die in Folge eines Bombenanschlags ums Leben kamen. Hier zeigt sich bereits ein prämigratorischer Verlust von Bezugspersonen in Muhamads Leben, der sein Bindungsverhalten beeinflusst hat. Als zweites Trauma stellt sich Angst heraus, die durch die Furcht vor weiteren Anschlägen und Repressalien (vgl. Z. 24) sowie durch die Sorge um seine Familienangehörigen (Vgl. Z. 32) bestimmt ist. Mit der Sorge um die Familie, wird auch noch ein weitere spezifische Sozialisationsbedingung präsent‚ die sich schon zuvor in der frühen Aufnahme einer Arbeitstätigkeit zum Wohl der Familie auszeichnet – das kollektive Familienverständnis, gepaart mit seiner Rolle als Mann‘ und somit nach dem Tod seines Vaters als Oberhaupt der Familie. Des Weiteren zeichnet sich die Erzählung auch durch verschiedenste eigene (vgl. 2. 31) und fremde Gewalterfahrungen (Vgl. Z. 15, 20) aus. Die von Muhamad beschriebene Szene in Bulgarien‚ in der er Gewalt von der Armee erfuhr, beinhaltet nicht nur den Aspekt der Gewalterfahrüng, sondern auch die Verschärfung des Konflikts der Trennung von der Famiüe – bereits zuvor musste sich die Familie auf der Flucht im Iran trennen, jetzt bricht mit dem Raub seines Mobiltelefons jeglicher Kontakt zum familiären Bezugssystem ab. In Bezug auf die Traumatisierung ist es wichtig, dass die Betreuer und Vormünder neue Beziehungsangebote unterbreiten, aber dabei die zwar nicht anwesende, aber in den Köpfen der Jugendlichen präsente Herkunflsfamilie mitdenken. Diese neue sichere Basis ist wichtig, denn „das Gefühl, geliebt und umsorgt zuwerden, vor allem in Zeiten der Belastung, verhilft dem Individuum dazu, Ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln.“ Allerdings muss das neue Bezugssystem nicht nur Sicherheit vermitteln, sondern auch ausstrahlen und vor allem Verständnis für die schwierige Situation des Jugendlichen zeigen, um einen adäquaten Umgang zu gewährleisten. Denn Unsicherheit führt dazu, dass sich der Jugendliche selbst verunsichert und missverstanden fühlt (vgl. Z. 35-38). Dabei bedarf es allerdings auch viel Geduld seitens der neuen Bezugspersonen, denn vor dem Aufbau neuer, stabiler Beziehungen steht die Verarbeitung des Traumas.
Sequenz 4- Zeile 39 bis 49:
Die Sequenz zeigt, wie wichtig Stabilität und Kontinuität für die Verarbeitung des Erlebten und damit für den Aufbau neuer Bindungen ist. Muhamad erlebte die Zeit‚ in der er in ständig neue Bezugssysteme verwiesen wurde als große Ungewissheit. Wenn zusätzlich das Gefühl von Ablehnung (vgl. Z. 45 f.) hinzukommt, wird der Aufbau neuer Beziehungen problematisch. Hingegen begünstigen „wohlwollende Annahme [und] eine schnelle Wiederherstellung einer Alltagsstruktur“ nicht nur eine Verarbeitung von traumatischen Erlebnissen, sondern auch die Herstellung einer vertrauten Umgebung, in der der Aufbau neuer Beziehungen möglich ist. Diese Stabilität kann vor allem durch eine klare Tagesstruktur, regelmäßigen Schulbesuch und auch Freizeitangebote, wie z.B. Betätigung in Sportvereinen, vermittelt werden. Zusätzlich ist es im Bereich der Heimerziehung auch sinnvoll, gemeinsam erstellte Regeln und Bezugsbetreuer einzusetzen. Auch Muhamad äußert sich positiv zu diesen Mitteln nund Instrumenten der Heimerziehung, die Stabilität vermitteln sollen.
Sequenz 5 ‚ Zeile 50 bis 63:
In der letzten Sequenz zeigt sich ein weiterer innerer Konflikt des Jugendlichen: Dankbarkeit versus ‚schlechtes Gewissen‘. Muhamad bringt in dem Gespräch immer Wieder seine Dankbarkeit zum Ausdruck. Er ist glücklich über die guten Bedingungen, vor allem bezogen auf seine Grundbedürfnisse. Dem steht allerdings das ‚sehlechte
Gewissen‘, in Bezug auf seine Familie und den Menschen in seinem Herkunftsland, gegenüber. Er fragt sich, warum es gerade ihm gut geht. Dabei scheint er aber die Entbehrungen zu vergessen, die er mit seiner Flucht auf sich genommen hat. Seinem inneren Konflikt entgegnet der Protokollant mit Verständnis, ruft ihm aber auch seine prekäre und keinesfalls einfache Situation ins Gedächtnis. Diese Intervention von einer außenstehenden Person ist in diesem Moment wichtig, um den Selbstzweifeln und Schuldgefühlen des Jugendlichen entgegenzuwirken und seine sehr einseitige Sichtweise zu reflektieren. Des Weiteren zeigen sich dabei der enorme Wert der kritischen Auseinandersetzung von Selbst- und Fremdwahmehmung, in der die neuen Bezugspersonen die Wahrnehmung des Jugendlichen hinterfragen und ihm alternative Sichtweisen aufzeigen. Am Ende der Sequenz vermittelt der Protokollant durch sein Hilfeangebot noch einmal Empathie und Sympathie, um Vertrauen zu stiften.

4. Schlussfolgerung

in der sequenziellen Analyse des Gedächtnisprotokolis konnte sich dem Themenfeld von Migration und Bindung genähert werden. Dabei stellte sich heraus, dass die pädagogischen Arbeitsbündnisse ein elementares Instrument darstellen, um den Aufbau neuer stabiler Bindungen und Beziehungen voranzutreiben. Die Verarbeitung von Traumata und biographischen Konflikt steht dabei im Vordergrund, denn erst wenn sich der unbegleitete minderjährige Flüchtling mit seinen Erlebnissen kritisch auseinandersetzt, gelingt der Aufbau neuer Beziehungskonstelationen. Deshalb sind langfristige pädagogische Arbeitsbündnisse eine wichtige Basis für Vertrauen und Sicherheit. Demnach kann der ersten Hypothese zugestimmt werden. In Bezug auf die zweite Hypothese kann gesagt werden, dass der Zwiespalt zwischen Dankbarkeit und ‚schlechtem Gewissen“ im inneren der Jugendlichen präsent ist. Daher muss die pädagogische Arbeit darauf abzielen, gemeinsam mit dem Jugendlichen zu erörtern, inwieweit dieser Zwiespalt gerechtfefligt ist. Das verständnisvolle Aufzeigen der Ubegründetheit von Schuldgefühlen ist essentiell, um das Selbstwertgefühl des Jugendlichen zu steigern, was sich wiederum positiv auf den Aufbau neuer Beziehungen auswirkt. Somit kann auch der zweiten Hypothese zugestimmt werden. Auch der dritten Hypothese kann und muss zugestimmt werden. Stabilität und Kontinuität zeigen, durch Aussagen des Jugendlichen bestätigt, wie wichtig diese Faktoren für die Selbstsicherheit und den Aufbau neuer Beziehungs‐ und Bindungsstrukturen sind. Als Erkenntnisse für mein späteres Handeln als Lehrer im schulischen Bereich konnte ich dem außerunterrichtiichen Praktikum, aber auch der Analyse des Falles entnehmen, wie wichtig es ist, die außerschulische Situation des Jugendlichen immer mitzudenken. Auffälligkeiten von Schülerinnen und Schülern im Unterricht sollten daher nicht unreflektiert beurteilt, sondern immer kritisch hinterfragt werden. Besonders im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im schulischen Bereich, sind die Problematiken der Jugendlichen so vielschichtig, dass es einer Auseinandersetzung mit diesen bedarf und schulische‚ sowie außerschulische Institutionen in enger Zusammenarbeit den Jugendlichen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln und ihm nicht zuletzt auch Verständnis entgegenbringen.


5. Literaturverzeichnis

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