„Du brauchst nicht weinen!“
Kinder einer Grundschule studieren ein Mal wöchentlich eine Choreografie ein, bei welcher sie von einer Tanztherapeutin und ihrer Assistentin unterstützt werden.
Protokoll
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"Du brauchst nicht weinen!" | 99A_0061.pdf
Wer?
Tanztherapeutin (T), Assistentin (A), Kind (Kw1)
Wo?
Sporthalle einer Grundschule
Wann?
8:00 – 8:45 Uhr
Situation:
Anwesend sind 16 Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse und eine Tanztherapeutin mit ihrer Assistentin, die den Kindern einmal pro Woche die Choreographie für eine in drei Monaten stattfindenden Aufführung vor den Eltern mit anderen Schülern aus Klassen von Schüler der näheren Umgebung präsentieren. Die Sportlehrerin beobachtet still die Kinder, auf einer Bank an der Seite sitzend, wo sich ebenfalls die Protokollantin als teilnehmende Beobachterin befindet. Während der Probe für die Tanzaufführung (thematischer Schwerpunkt: jeder kann Tanzen, Teilhabe auch abseits der Bühne durch Akzeptanz, Toleranz, Teamwork und gegenseitige Rücksichtnahme) schubst Kw1 ihren Mitschüler Km2, sodass dieser hinfällt. Die Tanztherapeutin T beobachtet zusammen mit ihrer Assistentin A diese Handgreiflichkeit.
T: „So, setz dich erstmal hin und schnappe `n Moment frische Luft!“
Kw1 setzt sich auf die Bank am Rand der Sporthalle und T geht zu den anderen Kindern und übt weiter mit ihnen an der Choreographie.
A setzt sich nach zwei Minuten zu Kw1 und sagt: „Was ist denn gerade passiert?“
Kw1: „Na der Km1 hat mich gehauen und der ärgert mich immer! Da ist auch Km2 dabei, das geht schon die ganze Zeit so. Die nerven mich nur!“
A: „Und hast du schon mal mit Frau T darüber gesprochen?“
Kw1: „Ja, aber der hört immer noch nicht auf! Das geht die ganze Zeit so weiter. Neulich hat er mir ´n Bein gestellt im Flur als alle draußen standen. Ich bin hingefall`n und alle haben mich ausgelacht!“
Kw1 bekommt glasige Augen. A nickt währenddessen zustimmend. Kw1 fängt an zu weinen.
A legt die Hand auf die Schulter von Kw1 und sagt im Flüsterton: „Heyyy, du brauchst nicht weinen! [kurze Pause] Aber Gewalt ist keine Lösung. Du kannst doch nicht einfach zurückschubsen! Nachher verletzt er sich noch und du bist schuld. Dann hast du den Ärger, so wie eben.“
Kw1: „Na aber was soll ich denn da machen, wenn die mich so ärgern?“
A: „Du kannst dich nur verbal wehren, also mit Worten. Wenn du ihm einen coolen Spruch an den Kopf schmeißt, hört der von ganz allein auf.“
T kommt auf sie zu und fragt: „Bist du soweit und hast dich beruhigt?“
Kw1 zeigt keine Reaktion und starrt zu Boden.
T: „Kannst du wieder mitmachen?“
Kw1 schüttelt leicht den Kopf.
T: „Na dann bleib sitzen. Es geht nicht, dass du die anderen Kinder schubst und da werde ich auch ganz ärgerlich, wenn ich sowas sehe! Denk einfach mal an das Motto von unserem Projekt.“, und widmet sich wieder dem Übungsablauf, sowie den anderen Schülerinnen und Schülern.
A als T außer Hörweite ist: „Was können wir denn machen, dass du wieder dabei sein kannst?“
Kw1 bleibt still, begleitet von einem Achselzucken und fragendem Gesichtsausdruck.
A: „Du kannst jetzt zu Frau T gehen und dich entschuldigen. Dann wäre die Sache erledigt und du kannst wieder mitmachen und musst nicht die ganze Zeit am Rand sitzen. Bist du einverstanden? Wollen wir das so machen?“
Kw1 nickt und geht Richtung T.
Erhebung
99A_0061