„Die Grinsebacke!“


In einer Kindertagesstätte wird regelmäßig ein Ritual abgehalten, in Form eines Stuhlkreises. Es werden verschiedene Themen besprochen, beginnend mit dem Thema Zählen.


Wer?
Erzieher*in: E1, E2; Kinder: K1, K2, K3, K4, K5, K6, K7, K8, K9

Wo?
Schlafraum einer Kindertagesstätte

Wann?
10 Uhr

Situation:
E1 sitzt an der einen Wand. E2 sitzt daneben. Vor ihnen sitzen die acht Kinder (4-6 Jahre) in einem Halbkreis. Laut E1 ist das ein Ritual. Der Stuhlkreis wurde gerade gebildet. Nun sprechen die beiden Erzieherinnen mit den Kindern verschiedene Themen durch. Dabei wird unter anderem über das Zählen, ein neues Kind in der Runde, die Tagesplanung, den vorherigen Besuch
gesprochen.


E1: „Füße nehmen wir auf den Teppich, nicht iich! So …K1…wenn du jetzt hier so… (guckt schnell zu anderem Kind) oojjjj.“

E2: „Wat hat se jesacht?“

E1: „Mach nochmaal.“

K2 zählt mit Finger die Kinder ab: „Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht.“

E1: „Suupeer!“

K2: „Und weiter?“

E1: „Schöön.“

E2: „K2? Weiter?“

K2: „Aacht, neeun… zehn.“

E1 lacht: „Genau.“

E2 lacht.

E1: „So! K1. Wenn du jetzt hier so guckst.. in unsere Runde.. wer ist denn neu bei uns?“

K1 guckt die Kinder an und zeigt auf ein Mädchen: „Siee und K3.“

E1: „Der K3 ist ein Ferienkind und geht dann nächste Woche wieder in die andere Einrichtung über. Aber du hast Recht, wir haben ein neues Kind. Und das ist. Wie heißt du?“

K2 sagt Name ganz leise: „K2.“

E1: „Ein bisschen lauter.“

K2 sagte erneut leise: „K2.“

E1: „Genau. K2. K2, ja? So. Und jetzt sagt ihr der K2 wie ihr heißt. Sprecht dabei bitte deutlich. Sag du mal, wie du heißt.“
(E1 zeigt auf K4.)

K4: „K4.“

E1 (lauter): „K4.“

K5: „K5.“

E1 (lauter): „K5.“

K6: „K6.“

E1 (lauter): „K6.“

K7: „K7.“

E1: „K7.“

K1: „K1.“

E1: „K1. Und du?“

K8: „K8.“

E1: „K8 Und du? Und du? K3. Und ich bin, E1, E1 und das ist? E2. Jaa. Und, schön, dass die K2 jetzt schon…wer freutn sich jetzt da am meisten… wer hatn da jetzt ne Freundin?“

E2 lacht.

E1: „Wer hatn jetzt ne Freundin gefunden, du?“

E2: „Die Grinsebacke!“

E1 mit ruhiger Stimme: „Freust du dich jetzt, ne? Das ist schön, ne? Das ist schön, dass du dich um K2 so schön gekümmert hast. Prima. So! E2 Was machen wa jetzt? Mit dem kleinen Häufchen Kindern hier. Bisschen Spielen?“

E2: „Schlafen gehen.“

Alle Kinder lachen.

E1: „Das machen wir heut Mittag.“

E2: „Guckt mal nach draußen, das ist so schönes Schlafewetter, das ist so schön dunkel, da brauchen wir gar keine Rollos. Gleich die Betten raus? Schlafen wa?“

K4: „Nö!“

K6: „Nehe!“

E2: „Ach.. Was. Was wir euch noch erzählen wollten… E1 und ich haben gestern Mittag Besuch gekriegt. Uh. K9 war da. Und hat „Tschüss“ gesagt.“

E1: „Och, das ist aber schön.“

E2: „Hat seinen Hefter geholt mit‘m Papa. Naja der war zweimal im Urlaub. Einmal in Dresden, einmal Görlitz was er gesagt hat. Die waren jedenfalls zweimal im Urlaub.“

K1: „Darf ich mir jetzt mal ein Spiel aussuchen?“

E1: „Jetzt hast du zugehört, was E2 erzählt hat? Wer war gestern zu Besuch?“

K5 (leise): „E1?“

K6: „K9.“

E2: „Unsre ham se alle schon, nen Schulranzen haben se da, alles da haben se gesagt, mit Federmappe und mit Turnzeug und allem. Und die Frau war da. Und du warst. Ich sage er ist zu spät gekommen mit allem. Er hätte ein Jahr eher kommen müssen. Ich sage er hätte auch mehr Möglichkeiten gehabt, mehr Kontakte zu knüpfen und sich auch sprachlich mehr zu öffnen, und alles. Ich sage der war zu spät da.“

E1: „Ja, bei ihm wars auch ein Fehler.“

E2: „Ja, ich sage der hatte nur ein Jahr und das war für ihn zu wenig und da sachte der Papa auch… drei Jahre aufn Platz gewartet.“

E1: „Tja.“

E2: „Die anderthalb und die drei Jahre. Ja.“

E1: „Muss er Deutsch lernen. Und der hatte noch Glück.“

E2: „Ja.“

E1: „Bei uns im Osten.“

E2: „Ja ich mene für ihn ist es Schade. Andere kommen und bekommen es gleich und der Vater vom K9 kommt ein Tag und bekommt es. Das müssen se gerechter machen! Ja, ich meine, wenn die den Jungen mit Autismus haben, da wern se schon alles gekriegt haben.“

E1: „Glaub ich nicht. Der kommt aus Syrien, na? Deswegen wern se da noch schneller rein… vermute ich… weiß ich nicht. Ich kenn mich da nicht aus. Is mir auch egal muss ich sagen.“

E2: „Ja.“

E1: „Wichtig ist für mich, dass die Eltern die Arbeiten gehen an erster Stelle stehen und ihre Plätze kriegen, na? Das ist das wichtigste. Und das andere müssen die Oben entscheiden, das ist nicht unsere Aufgabe.“

E2: „Was wollen wir jetzt spielen? Ein Topf in anderen?“

K1: „Neein!“

E2 lacht.

E1: „Was wollen wir dann machen?“

K1: „Ich weiß es. Mein reschter reschter Platz ist leer.“

E2: „K1, dis geht, aber da brauchen wir einen ganz ganz kleinen Kreis, sonst kriegen wir das gar nicht hin.“

E1: „Wenn die drei Jahre hier sind, da sind die in der Flüchtlingswelle drin.“

Autorschaft
anonym (Falleinreichung durch Zentrum für Lehrer*innenblidung, MLU) |
Erhebungskontext
Erhebungsmethode
Notizen

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